HTA – Für eine Kurskorrektur ist es nicht zu spät!

 In Allgemein

Zu den grössten Sorgen der Menschen in der Schweiz zählen die Gesundheitskosten. Kein Wunder: Die Ausgaben des Gesundheitswesens steigen kontinuierlich und für viele sind die wachsenden Krankenkassenprämien eine finanzielle Belastung. Es ist daher verständlich, dass die Rufe aus der Politik nach rigorosen Kostendämpfungsprogrammen zusehends lauter werden. Es bedarf Massnahmen, die schlechte Leistungen reduzieren und gute fördern. Die Qualität soll möglichst hoch sein, das Kostenwachstum möglichst tief.

Ein weltweit etabliertes Instrument zur Effizienzsteigerung von Gesundheitsleistungen sind so genannte Health Technology Assessments, kurz HTAs. So war es naheliegend, dass der Bundesrat dieses Instrument im Jahr 2013 in seine Strategieplanung «Gesundheit 2020» aufnahm und eine eigene Sektion aufbaute, die systematisch HTAs durchführen sollte. Heute muss man leider feststellen – die HTA Berichte zeigen nicht den gewünschten Effekt.

Viele Fragezeichen bei der Umsetzung
Die Eidgenössische Finanzkontrolle hielt in ihrem Bericht vom Mai 2020 fest, dass das prognostizierte Sparpotenzial nicht annähernd erreicht wurde. Bis heute wurden nicht mal halb so viele HTAs begonnen wie vom Bundesrat beschlossen. Viele der HTA Berichte sind verspätet. Mit den bis heute neun publizierten HTAs wurde kein einziger Franken eingespart. Im 2020 wurde das jährliche Budget sogar von 8,5 Millionen Franken pro Jahr auf 5 Millionen gekürzt, weil offenbar sinnvolle Themen fehlten. Abgesehen von der schlechten Qualität und mangelnder Verfahrenseffizienz der laufenden HTAs drängen sich etliche weitere Fragen auf. Ganz grundsätzlich ist der Entscheid des BAG zu hinterfragen, für HTAs eigene Strukturen aufzubauen, obwohl bereits ein HTA ähnliches Organ bestand. Fraglich ist auch die Themenauswahl – statt markante Kostenblöcke zu untersuchen, wurden praktisch ausschliesslich Einzelleistungen interpretiert, die zum Teil schon zu einem früheren Zeitpunkt überprüft wurden. Des Weiteren fokussiert man sehr einseitig auf den Medikamentenbereich, obschon bei Medikamenten seit 2012 bereits weit über eine Milliarde eingespart wurde.

Stakeholder konsultiert aber übergangen
Besonders bedenklich ist der Einbezug der Stakeholder. Es besteht zwar mehrmals die Gelegenheit, Stellung zu nehmen, die Fristen sind aber viel zu kurz. Rückmeldungen besorgter Ärzte hat man weitgehend ignoriert, weil diese nicht explizit zur Stellungnahme eingeladen wurden. Die Stimme betroffener Patienten blieb ebenfalls ungehört. Die von HTA betroffenen Firmen werden nie direkt zur Stellungnahme eingeladen. Studiert man die publizierten HTA Stakeholderkonsultationen, ist offensichtlich, dass auf Anregungen der Akteure kaum eingegangen wird. In Zukunft soll der Einbezug der Akteure nun sogar noch weiter eingeschränkt werden. Die Stakeholderbefragung verkommt damit zur Farce.

Potenzial von HTA besser nutzen
Ohne Frage bieten seriöse HTAs eine viel versprechende Methodik. Damit sie in der Schweiz akzeptiert werden können, braucht es aber eine unabhängige, transparente und wissenschaftlich hochwertige Umsetzung. Dazu gehört auch die Reflexion ethischer, sozialer und volkswirtschaftlicher Aspekte. Mit einer Kurskorrektur könnten HTAs der Schweiz einen grossen Nutzen bringen. Dazu müsste sich das BAG aber zuerst von seiner Doppelrolle als Assessor und Entscheider verabschieden, eine ganzheitliche Sicht einnehmen sowie Prozess und Methoden internationalen Standards anpassen. Es braucht einen Dialog und die konstruktive Zusammenarbeit, um HTAs auf den richtigen Weg zu bringen. Die Pharmaindustrie ist bereit dazu. Sie freut sich auf ein entschiedenes Handeln gemeinsam mit dem BAG.

Die vips engagiert sich als mitgliederstärkster Pharmaverband der Schweiz – 73 Firmen der Pharmabranche aus allen Landesteilen der Schweiz und aktiv in den Bereichen Forschung und Entwicklung, Produktion, Vertrieb und Export – für einen rechtsgleichen, raschen und unbürokratischen Zugang zu Medikamenten. Patienten- und Versorgungssicherheit, Nutzen von Arzneimitteln sowie Forschung, Innovation und Schutz des geistigen Eigentums sind für uns keine leeren Worthülsen, sondern eine Herzensangelegenheit.

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Marcel Plattner, Präsident, 079 469 92 68
Ernst Niemack, Geschäftsführer, 078 646 80 30