Der Kampf für kostengünstige Arzneimittel gegen leichte gesundheitliche Beschwerden

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Zug (22.09.2019) Für den Kauf zahlreicher rezeptfreier Medikamente gegen leichte Gesundheitsbeschwerden wurde anfangs 2019 die Rezeptpflicht eingeführt. Die vips hat schon 2018 nachgewiesen, dass dadurch zusätzliche Umtriebe für die Patientinnen und Patienten und deutlich höhere Preise für unser Gesundheitssystem entstehen. Dieses wird unnötigerweise mit Mehrkosten von rund 100 Millionen Franken belastet.

Im Auftrag des Parlaments hat Swissmedic Arzneimittelumteilungen vorgenommen, die zu einer einfacheren Zugänglichkeit für Medikamente gegen leichte Erkrankungen hätten führen sollen. Dies fand nur teilweise statt. Für zahlreiche Produkte wird die Zugänglichkeit erschwert, indem sie der Rezeptpflicht unterstellt werden, ohne dass sie eine höhere Gefährdung als bisher aufweisen. Diese Höhereinstufungen verteuern die Medikamente gegen leichte gesundheitliche Beschwerden massiv und ihr Zugang wird eingeschränkt, obwohl dokumentierte Ausnahmen möglich sind.

Die vips hat ermittelt, dass mit Mehrkosten von rund CHF 100 Mio. für das Gesundheitssystem zu rechnen ist.

Sie setzen sich wie folgt zusammen:

– Dokumentationspflicht: Eine Umfrage bei Apotheken hat ergeben, dass die neu einge¬führte Dokumentationspflicht pro Packung knapp 10 Minuten dauert. Bei rund 4 Millionen betroffenen Packungen ergibt sich für die Apotheken ein Zusatzaufwand von 60‘000 Apothekertagen oder 250 Vollzeitstellen. Wenn man mit jährlichen Vollkosten pro Apotheker und Jahr von CHF 200‘000 rechnet, entspricht dies CHF 50 Millionen Zusatzkosten für das Schweizerische Gesundheitssystem.
– Preiserhöhung Distribution: Aufgrund unterschiedlicher Kalkulationsvorgaben für die Preise in den Listen C und B ist mit Zusatzkosten von CHF 4 Millionen jährlich zu rechnen.
– Mehr Arztbesuche: Eine Umfrage bei Apotheken hat ergeben, dass mehr als ein Viertel der Patientinnen und Patienten zum Arzt gehen werden, damit sie die neu sehr viel teureren Medikamente über die Krankenversicherung vergüten lassen können. Bei ca. einer Million betroffener Packungen ergeben sich bei Durchschnittskosten pro Arztbesuch von nur CHF 50.—bereits Zusatzkosten von CHF 50 Millionen.

BAG und Swissmedic missachten den Willen des Parlamentes
Die Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-N) hat auf diese unerwünschte Entwicklung reagiert und eine Motion eingereicht, mit der verlangt wird, dass die Arzneimittelumteilungen nicht zu Kostensteigerungen und zusätzlichem Aufwand führen dürfen.

Das BAG hat dessen ungeachtet inzwischen bei 25 von 102 Produkten eine Umteilung von C nach B verfügt mit zum Teil drastischen Preiserhöhungen von bis zu 56% pro Packung! Per Mai 2019 verfügte das BAG die ersten Preiserhöhungen (Emedrin +14%, Escotussin +34%) nota-bene ohne Beratungstaxe und Dossierführung von ca. 7 Franken pro Packung. Im Juni folgten weitere Preiserhöhungen (Benylin mit Codein +39%, Effortil 15g +56%, Effortil 2x50g +16%, Tossamin Plus +12%, Kalium Hausmann 10 +36%, Kalium Hausmann 6×10 +9%, KCL Retard Hausmann 40 +47%, KCL Retard Hausmann 200 +3%, Toplexil N +21%). Im Juli wurde bei zwei Produkten aufgrund des Wechsels der Abgabekategorie der Preis erhöht (Desomedin +15%, Resyl Plus +35%). Ein Teil der Preiserhöhungen ist noch hängig, da sich die Pharmafirmen mit rechtlichen Mitteln gegen die unnötigen Preissteigerungen zur Wehr setzen.

Preiserhöhungen sind zu stoppen
Die vips hat vor weit über einem Jahr auf die Problematik hingewiesen und die Bereitschaft zu lösungsorientierten Gesprächen signalisiert. Die vips fordert die Respektierung des Willens des Parlamentes durch Swissmedic und das Bundesamt für Gesundheit (BAG). Die Arbeiten von Swissmedic und BAG bei der Umteilung von Arzneimitteln sind zu stoppen und bereits verfügte Preiserhöhungen zu sistieren, bis der Nachweis erbracht ist, dass es nicht zu Kostensteigerungen kommt. Weiter ist sicherzustellen, dass Produkte, welche nach dem 01.01.2019 zugelassen wurden, nicht schlechter gestellt sind als diejenigen mit Zulassung vor dem 01.01.2019.

Im Moment bleibt den betroffenen Pharmafirmen leider nur der mühsame und lange Rechtsweg mit Beschwerden gegen die Verfügungen von Swissmedic.

Weitere Informationen
Marcel Plattner, Präsident, Mobile 079 469 92 68
Ernst Niemack, Geschäftsführer, Mobile 078 646 80 30